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Hochaltar in St. Pankratius

 

Die Einsegnung der neuen Kirche St. Pankratius an der St.-Tönnis-Straße, errichtet im Zeitraum 1835 bis 1837 von Peter Joseph Schopen, wurde am 17. Januar 1838 vorgenommen. Anfangs war die lang gestreckte sog. Saalkirche (im Volksmund später Scheunenkirche genannt) einfach mit Holz gedeckt, sodass man die Dachsparren von unten sehen konnte. Am Ende der Saalkirche, da wo der Hochaltar stand, befand sich ein halbkreisartiges Podium (eine Apsis, später auch Chor genannt) mit einem gewölbten, freilich nicht massiven Bohlengewölbe, also einem Holzgerüst, das mit Strohmatten bekleidet war und durch seine Stuckarbeiten wie ein steinernes Gewölbe aussah. Zu jener Zeit gab es noch keinen Turm sowie Portalrahmungen vor der Westwand.                                       

Der vermutlich wegen der neu erbauten Pfarrkirche geschaffene Hochaltar im östlichen Teil der Saalkirche war vom Mittelschiff getrennt. Auf der westlich gegenüberliegenden Seite erhob sich eine Empore (Orgelbühne), die durch mächtige Balken und kunstvoll geschnitzte Eichenpfeiler getragen wurde. Von oben blickte man auf den Hochaltar, wo der Priester, den Rücken zu den Kirchenbesuchern gewendet, die Messliturgie in Latein zelebrierte.                  

In den Jahren 1958 bis 1960 erfolgte eine grundlegende Chorerneuerung in St. Pankratius mit Haupt- und Nebenaltar, Tabernakel, Taufstein, Chorschranken, Apostelleuchtern und bronzenem Hängekreuz. Zwei wesentliche Gesichtspunkte sprachen derzeit für die notwendigen Restaurationen:

  1. Der alte wuchtige Hochaltar aus Fichten- und Kiefernholz umgeben mit Heiligenfiguren aus einfachem Gips hatte einen beträchtlichen Holzwurmbefall (* 1).

  2. Im Vorfeld des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962 bis 1965) befürworteten Mitglieder des deutschen Episkopats Änderungsmaßnahmen in der Messliturgie der römisch-katholischen Kirche, da diese von einer mittelalterlichen Verkrustung geprägt sei. Dies betraf einerseits die Frage nach der aktiven Teilnahme der Kirchenbesucher am Messgeschehen und anderseits, damit zusammenhängend, die Frage nach der Messsprache.

Die Umgestaltungen des Innenraums haben zwar nach Auffassung vieler Worringer zu einer hervorragenden Chorlösung geführt, dies aber leider mit der „Zerstörung“ der Haupt- und Seitenaltäre erkauft, schließlich aber den Chorraum den nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil beschlossenen geänderten Erfordernissen angepasst. Die Radikalität der Maßnahme ist bedauerlich. Selbst wenn die neue Chorlösung als sehr gelungen gilt, bleibt der Verlust des Hochaltars schmerzlich, da er zweifellos die Vollkommenheit der in der Vergangenheit beharrlich betriebenen Umgestaltung zu einer im Rahmen der Möglichkeiten reich ausgestatteten und würdigen „anschließend dreischiffigen Hallenkirche“ darstellte.

(Zitat Gerhard Dane: „Kirche im Dorf“, Köln 1987)

Die Chorausstattung schuf der Bildhauer Karl Matthaeus Winter aus Limburg / Lahn. Zur Gestaltung der Chorschranken mit hängenden Netzen hat sich Winter vom „Sinn der Kommunionbank und dem Charakter des Ortes“ als „altes Fischerdorf“ anregen lassen.

Im vorderen Teil des neuen Hochaltars (ein wuchtiger quadratischer Block aus Wirbelau-Marmor - Opferstein und Opfertisch zugleich) ist eine Reliquie des Heiligen Pankratius in einer Platte von 10 x 10 cm eingeschlossen. Im hinteren Teil wurde eine weitere Reliquie des Heiligen Pankratius sichtbar eingelassen, die Pastor Gerhard Dane 1978 aus Rom mitbrachte (* 2). Im Altar sind außerdem noch fünf Kreuze eingemeißelt.

*      *1 Den wenigsten Worringern dürfte bekannt sein, dass der alte Hochaltar nach seinem Abbau erst einmal in Lagerräumen des Erzbistums Köln untergebracht wurde. Dortige sachkundige Restauratoren stellten bei einer Einsichtnahme fest, dass eine „Rettung“ des Hochaltars infolge des beträchtlichen Holzwurmbefalls höchst unwahrscheinlich sei. Außerdem hätte eine evtl. Restaurierung unangemessene Kosten verursacht. Der alte Hochaltar wurde daraufhin der Verbrennung übergeben.

Die minderwertigen Gipsfiguren wurden zerstört und in Gräben des Pfarrgartens, die bei den Arbeiten am neuen Entwässerungskanal auf kircheneigenem Grundstück für bestehende und noch geplante Bauten ausgehoben worden sind, verbracht.

* 2 Der Name Pankratius ist griechischen Ursprungs und bedeutet „All-Kämpfer“. Athlet Christi wird er in der über einer Katakombe an der „Via Aurelia“ erbauten „Basilika S. Pancrazio“ genannt. Pastor Dane erhielt dort die Reliquienkapsel zum Geschenk.

Manfred Schmidt, November 2013