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Benderstraße - Ehrenbürger der Bürgermeisterei Worringen auf Straßenschild verewigt

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Im Jahre 1815 erfolgte die Gründung der preußischen Bürgermeisterei Worringen, die seit 1816 zum Landkreis Köln im Regierungsbezirk Köln gehörte. Zu ihr zählten die Orte Worringen (mit den Höfen Schloss Arff südlich von Dormagen-Hackenbroich, Brüngesrather Hof, Bergerhof, Krebelshof, Blechhof bei Delhoven, Chorbusch, Furth und Piwipp bei Dormagen-Rheinfeld), Roggendorf-Thenhoven, Weiler, Fühlingen (mit Feldkassel und Stallagsberg), Langel (mit Rheinkassel und Kasselberg), und Merkenich mit den Höfen Klein-Lachem und Groß-Lachem, die südlich von Merkenich lagen.

                                                              
Um das Jahr 1860 wurden in Worringen erstmals amtliche Straßennamen eingeführt. Vorher trugen die Straßen Bezeichnungen, die die Ortsbewohner ihnen selbst „willkürlich“ gegeben hatten, so zum Beispiel nach im Ort oder in der betreffenden Straße vorkommenden Berufen, nach Persönlichkeiten oder nach anderweitigen Ortsnamen. Vielfach sind diese Benennungen bis heute erhalten geblieben. Nach der Eingemeindung am 1. April 1922 mussten jedoch mehrere Straßen und Wege umbenannt werden, da deren Namenszug im Kölner Stadtgebiet bereits vorhanden waren; zugleich wurden „Alt-Worringer“ Namen angepasst.

                                        

Die schmale geradlinige Benderstraße in Worringen liegt zwischen dem Hackhauser Weg und der Hackenbroicher Straße. Das vermutlich ausgeziegelte Gelände teilte Johann Raaf, Dachziegler und Spezereihändler in Worringen, 1890 in 15 Parzellen. Im gleichen Jahr entstanden hier die ersten Wohngebäude. Die Straße wurde zunächst nach ihm Johannesstraße (im Volksmund „Johannesstroß oder Raafsjaß“) benannt, nachfolgend Benderstraße. Die Johannesstraße hieß darüber hinaus „Schindskul“. Mit diesem Namen wird auf eine Sand- und Kieskuhle verwiesen, die heute noch als Vertiefung gut sichtbar ist, in der angefallene Tierkadaver verscharrt wurden. Sie liegt unmittelbar hinter dem ehemaligen Großhof und wurde jahrhundertelang von der Bevölkerung genutzt. Das Straßenbild wird hauptsächlich von 10 Giebelhäusern - das Eckhaus gehört nummerisch zur Hackenbroicher Straße - bestimmt. Die kleinen, meist von Hecken umgebenen Vorgärten existierten noch bis in die 1960er Jahre.
                                                       

Der spätere Namensgeber dieser Straße, Johann Mathias Norbert Bender (geb. 1839 in Fühlingen), war über 40 Jahre von 1866 bis 1907 Bürgermeister der Bürgermeisterei Worringen. Vorher hatte sein Vater Heinrich Wilhelm Ignatz Bender (geb. 1796 in Obermanderscheid / Landkreis Bernkastel-Wittlich) von 1835 bis 1866 die Bürgermeisterei geführt. Die Wohn- und Amtsräume befanden sich in Fühlingen. Er verstarb am 2. Februar 1883 und wurde in Rheinkassel bestattet. Der Sohn verlegte die Amtsräume von Fühlingen nach Worringen in sein an der damaligen Bergerstraße (heute St.-Tönnis-Straße) gelegenes Wohnhaus, die Finanzgeschäfte wurden aber durch einen Rendant weiterhin in Fühlingen geregelt. Johann Mathias Norbert Bender schenkte der Gemeinde ein Grundstück neben seinem Wohnhaus mit der Zielrichtung, darauf ein Gemeindehaus zu errichten. Dieses Bauvorhaben wurde zwar noch zu seiner Amtszeit begonnen, es war ihm jedoch nicht mehr vergönnt, seine Amtsgeschäfte dort wahrzunehmen. Im Giebel des Gebäudes befindet sich das Siegel der Bürgermeisterei Worringen (St. Pankratius mit Umschrift „Wappen von Worringen 1321“). Bender bekleidete das Amt des Deichhauptmanns, war Ritter des Roten Adlerordens und Inhaber des Königlichen Kronenordens IV. Klasse sowie Ehrenbürger der Bürgermeisterei Worringen (Überreichung der Urkunde am 27.06.1907).

                                                                   
In der von ihm verfassten „pro memoria“ liest man, dass bei seinem Amtsantritt alle Straßen in Worringen sehr schlecht und ohne Abläufe waren. Nur die Provinzialstraße, die jetzige Neusser Landstraße, befand sich in einem guten Zustand. Sämtliche Abwässer sammelten sich in der Mitte des Ortes in einem Graben, der bis zur Ecke St.-Tönnis-Straße und Hackenbroicher Straße führte. Von dort wurde das Abwasser in den noch bestehenden Festungsgraben entlang der Hackenbroicher Straße dem Mühlenweiher zugeführt.

1868 wurde dieser Sammelgraben kanalisiert und der Festungsgraben von der St.-Tönnis-Straße bis zum Mühlenweiher zugeschüttet. Von nun an flossen alle Abwässer „nur“ noch durch den Wallgraben im „Schmaler Wall“ und weiter in den Pletschbach. Im Jahr 1909 wurde dieser letzte offene Graben eingeebnet. Diese bescheidenen hygienischen Einrichtungen waren bitter notwendig geworden; denn wiederholt hatten in Worringen Cholera-Epidemien gewütet. Erwähnenswert aus seinen Erinnerungen ist außerdem, dass er in den 1870er / 1880er Jahren Lokalschulinspektor für Worringen und Thenhoven war, als man wegen des sog. „Kulturkampfes“ die geistliche Schulaufsicht aufgehoben hatte. Große Verdienste erwarb sich Johann Mathias Norbert Bender des Weiteren bei den verheerenden Überschwemmungen des Rheins in den Jahren 1882 und 1883.
Bender war ein aktiver und in seiner Geisteshaltung aufgeklärter Mann für die Zeichen seiner Zeit. In vorgerücktem Alter unternahm er noch abenteuerliche Reisen in den Orient, nach Tunis, Italien, Griechenland und die Türkei, die er in heute noch lesenswerten und spannend geschriebenen Geschichten anschaulich darstellte. Die Broschüre „Eine Reise nach Tunis nebst einem Anhang“ liegt dem Heimatarchiv Worringen vor. Er verstarb am 2. März 1916. Seine Bestattung erfolgte auf dem Worringer Friedhof neben dem Hochkreuz.

                                                                         

Nachfolger von Johann Mathias Norbert Bender wurde Joseph Seul (geb. 16. Oktober 1865 in Bedburdyck, verst. in Wiesbaden) vom 1. Juli 1907 bis 31. März 1922 (Eingemeindung nach Köln).


Literaturquellen

Dagmar Hötzel: „Stadtspuren Denkmäler in Köln-Worringen und Roggendorf-Thenhoven, Siedlungsgeschichte bis 1914“, Köln 2002

Abbildungsnachweise
Heimatarchiv Worringen e.V.
aus privater Sammlung
https://fuehlingen.de/geschichte/260-buergermeisterei-zu-worringen-1815-1922

Bericht: Manfred Schmidt

heimatarchiv-worringen.de/Juni 2019