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Wussten Sie schon … ?

Ausgrabungen im Erdboden des ehemaligen Jugendheims am „Breiter Wall“ - Kommen die Archäologen dem Standort der Burganlage auf die Spur?

Ein gemeinsamer Spatenstich symbolisierte im September 2018 den Baubeginn für ein Großprojekt der Kath. Kirchengemeinde St. Pankratius am Worringer Bruch. Nach jahrelangen Vorbereitungen entstehen nunmehr an der Rückseite des St.-Tönnis-Hauses behindertengerechte Seniorenwohnungen. Das daneben befindliche denkmalgeschützte Gebäude der Vikarie (Kaplanei) wird gleichzeitig saniert und künftig durch den Einzug eines Konvents des Franziskaner-Klarissen-Ordens aus Nordindien bewohnt. Grabungstechniker der „Archäologischen Bodendenkmalpflege der Stadt Köln“ untersuchen derzeit das Baugelände am „Breiter Wall“.


                        
Das Gräberfeld an der später genannten St.-Antonius-Kapelle zwischen St.-Tönnis-Straße und Pletschbach sowie westlich des Breiten Walls - schätzungsweise über ein Areal von 50 x 50 Meter - wurde bereits mehrfach archäologisch untersucht. Die Grabungsfunde zeugen von einer intensiven Siedlungstätigkeit. Der Grund hierfür liegt in der strategischen Bedeutung des Standortes, an dem sich mehrere Wege bündeln und zudem ein brückenartiger Übergang über den Pletschbach anzunehmen ist. Bei Ausgrabungen am „Schmaler Wall“ im Jahre 1988 wird anhand der Topografie und Bodenformation vermutet, dass dort eine kleine mittelalterliche Burganlage (Motte) im Besitz der Grafen von Jülich stand. Der Grabungsschnitt brachte Funde und Befunde, die ihr Bestehen und Ende vor der Schlacht bei Worringen im Jahr 1288 sichern, aber eine genauere Zeitangabe nicht zulassen.

                                     
Durch die Wallgräben der alten Worringer Befestigung, die die Grafen von Jülich im frühen Mittelalter anlegen ließen, ergoss sich das Gewässer des „Pletschbach“ vom „Schmaler Wall“ (1833 als Wall bezeichnet, im Volksmund „Tünnesgraben“) in den Mühlenweiher und trieb die dort gelegene Wassermühle. Als diese später infolge Wassermangels nicht mehr betrieben werden konnte, wurde der Mühlenberg aufgeschüttet und darauf eine Windmühle errichtet. Im Jahr 1909 hat man den Graben des Schmalen Walls zugeschüttet und den Weg kanalisiert. Das Gewässer des Schmalen Walls wurde außerdem in Richtung Breiter Wall abgeleitet, um den Hof des Grafen von Jülich, den „Vogtshof“ (später „Pilgramshof“ genannt), herumgeleitet, und von da zum Mühlenweiher geführt. Worringen vergrößerte sich einst um dieses Gebiet, bildete doch vorher der „Schmaler Wall“ die Grenze Worringens.


Der „Breiter Wall“ wird im Worringer Herrengeding vom 11. August 1768 als „neuer Brückenweg“ bezeichnet, hier findet sich auch der früheste Hinweis auf eine Bebauung neben der St.-Antonius-Kapelle. Mit der Verlagerung der drei domkapitularischen Höfe außerhalb der Umwallung setzte 1721 die stetige Erschließung des Terrains um die Höfe und somit des „Breiten Wall“ ein. Im frühen 19. Jahrhundert bezeichnet man das Gelände „An den Höfen“, ab 1836 Breiter Wall. Seit 1824 wird der „Breiter Wall“ als öffentlicher Weg ausgewiesen, der dann nach 1898 ausgebaut wurde. Die besagte Vikarie war 1900 errichtet worden und wahrscheinlich ein Nachfolgebau eines kleinen Winkelhofes, Abbruch April 1900, Eigentümer der „Scheffe Johannen Tillmes“, geboren um 1708, verstorben am 19. Juni 1769 in Worringen.

                  

Im Rahmen der Ausgrabungen wurde eine Latrine freigelegt, in der sich Knocheneinlagen, Keramik- und Glasfragmente befanden. Bemerkenswert war der Vorschein einer Glasflasche mit der Prägung: „FÜR EINE WEINFLASCHE, FÜR EINE LITERFLASCHE“. Nach einem Hinweis des Grabungstechnikers stammte diese aus dem Anfang des 20. Jahrhunderts. Darüber hinaus wurden noch freigelegte Bodenfliesen hervorgehoben, die nicht aus der Latrine herkommen, sondern Streufunde sind.
Nach eigenen Nachforschungen wurden die Bodenfliesen möglicherweise um 1900 in der Sinziger Mosaikplattenfabrik angefertigt. Das Fliesenwerk ist ein Unternehmen in Sinzig, einer Stadt im Landkreis Ahrweiler im nördlichen Rheinland-Pfalz, das 1869 gegründet wurde. Heute gehört es zur Unternehmensgruppe Deutsche Steinzeug Cremer & Breuer Aktiengesellschaft mit Sitz in Alfter-Witterschlick.

                                    

Besonders prägnant für die archäologischen Ausgrabungen ist nach Aussage des Grabungstechnikers zweifellos der Verlauf der beiden Wassergräben am Schmalen und Breiten Wall und somit evtl. eine genaue Standortbestimmung der Burganlage. Die gegenwärtigen Prospektionsergebnisse lassen zwar bereits eine Konzentration erkennen, nach Abbruch der Garagen am östlichen St.-Tönnis-Haus wird jedoch noch auf diesem Areal ein Bohrprofil angelegt, um den Grabenrand zu suchen. Weitere exakte Informationen zu den Fundumständen und dem Schichtaufbau des Terrassenmaterials werden nach Vorliegen eines Manuskripts der Archäologischen Denkmalpflege der Stadt Köln veröffentlicht.

                                                            

Erläuterung der topographischen Aufnahme von Alt Worringen (siehe Abbildung 7)

Die vorstehende Farbtafel markiert Alt Worringen mit Einzeichnung des Fronhofs in 1757. Westlich davon war das Antonius-Tor (im Volksmund „Tönnispooz“) an „St. Thones“, auch Feldstraße genannt. Das im Jahr 1865 entfernte Tor befand sich auf der Brücke zum Gasthof „Zum Grünen Wald“ (im Volksmund „Grunewald, Gronewald“). Südlich standen am Pletschbach (Großer Bach, Arfft, Bletschbach, im Volksmund Pädsbach und Muttbach) das in 1808 beseitigte Kölntor (Oberpforte, Obertor, im Volksmund „Köllepooz“) und nordöstlich das in 1833 abgebrochene Rheintor (Unterpforte, im Volksmund „Rhingpooz“) sowie die Ölmühle („Ollichsmüll“) und die Kirche Alt St. Pankratius an der heutigen Alte Neusser Landstraße.
Des Weiteren wird auswärtig von Alt Worringen abgebildet die Neubebauung der St.-Tönnis-Straße mit Errichtung des Großhofs sowie teilweise der Pletschbach mit den beiden Wassergräben am Schmalen und Breiten Wall.

Literaturquellen
Dagmar Hötzel: „Stadtspuren Denkmäler in Köln-Worringen und Roggendorf-Thenhoven, Siedlungsgeschichte bis 1914“, Köln 2002

Informationen von Ulrich Karas (Grabungstechniker der „Archäologischen Bodendenkmalpflege der Stadt Köln“)
https://de.wikipedia.org/wiki/Sinziger_Mosaikplatten
Abbildungsnachweise

Paul Holt: „Die Schlacht bei Worringen und die Stadt Köln“, Jahrbuch Kölnischer Geschichtsverein 14, 1932
Petra Wischgoll, KStA
aus privater Sammlung

Bericht: Manfred Schmidt
heimatarchiv-worringen.de/April 2019