Transformatorenhäuschen „St.-Tönnis-Straße“ gegenüber „Alte Straße“
Viele Menschen empfinden die Jahrhundertwende stets als einen Aufbruch in ein neues Zeitalter. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts hält vor allem der „technische Fortschritt“ seinen Einzug. Auch Worringen verschloss sich nicht der wirtschaftlichen Entwicklung. Im Jahr 1902 wurde mit der Errichtung eines Acetylen-Gaswerks am „Hackhauser Weg“ neben dem Friedhof begonnen und am 1. April 1905 in Betrieb genommen. Das produzierte Gas diente ausschließlich der Versorgung der Haushalte. Die Straßenlaternen wurden weiterhin mit Petroleum betrieben und von „Laternenanzündern“ entzündet, ausgelöscht und gereinigt. Jedoch bereits im Juni 1905 bemühte man sich dessen ungeachtet in Verhandlungen mit der „Gesellschaft Berggeist“ in Brühl für eine elektrische Stromversorgung.
„Wenn man am Schalter dreht, geht das Licht an!“ Diese Erfahrung scheint selbstverständlich zu sein. Aber der berühmte deutsche Physiker Werner Heisenberg (1901 - 1976) meinte, es sei normal, wenn es dunkel bliebe. Das Aufleuchten der elektrischen Lampe sei ein Wunder. Dieses Wunder ist in Worringen nun über 100 Jahre an der Tagesordnung. Die beauftragte „Gesellschaft Berggeist“ (später erfolgte die Übernahme durch die Rheinisch-Westfälischen Elektrizitätswerke) hatte bereits im Herbst 1910 mit den Arbeiten begonnen, dem Ort eine öffentliche Stromversorgung zu beschaffen. 1912 war es so weit, dass Worringen dieser Segnung der Zivilisation teilhaftig wurde. Die Gemeinde führte die elektrische Straßenbeleuchtung ein. Das im Jahr 1902 erbaute Acetylen-Gaswerk wurde daraufhin stillgelegt und diente seitdem (bis in die 1970er Jahre)als Straßenbau-Materiallager.
Das Transformatorenhäuschen an der „St.-Tönnis-Straße“ gegenüber „Alte Straße“, welches 1910/11 (* 1) errichtet wurde, ist ein zweigeschossiger Zweckbau. Die Putzfassade weist eine Backsteingliederung mit Vertikalstreifen aus.
Der Eingang ist im Erdgeschoss. Im Obergeschoss befindet sich ein Fensterpaar, im Giebel sind Lüftungsöffnungen erkennbar. Die Fenstersohlbänke bestehen aus Backstein. Ausgestaltungen: Ecklisenen, Geschossgesims, gestuftes Traufgesims, Schopfwalmdach; zum Teil originale Isolatorporzellanglocken.
Das in der Denkmalliste der Stadt Köln eingetragene denkmalgeschützte Transformatorenhäuschen in der Randlage Worringens hat den langen Zeitraum nicht unbeschadet überstanden und zerbröckelt zusehends. Außerdem ist es zwischenzeitlich noch mit Grafitti versehen. Ich möchte das Zitat der ehemaligen Dombaumeisterei Prof. Barbara Schock-Werner im Kölner Stadt-Anzeiger vom 7. März 2014 in der Serie „Auf den Punkt“ nochmals aufgreifen: „In Worringen wie überall. Der Umgang mit Baudenkmälern von liebevoller Pflege über Flickschusterei bis zu mutwilliger Vernachlässigung.“
Eine Rettung des Transformatorenhäuschens vor dem Verfall liegt wegen kunstgeschichtlicher und volkskundlicher Besonderheit des Denkmals im Interesse vieler Worringer Bürger. Die Restaurierungs- und Instandsetzungsarbeiten setzen jedoch Abstimmungen aus rechtlicher und finanzieller Hinsicht der Mitwirkenden - der RheinEnergie AG, Pächter einer Teilfläche von 28 m² des Flurstücks 219 in Flur 55 der Gemarkung Worringen (* 2), und des Amtes für Denkmalschutz der Stadt Köln - voraus. Das Heimatarchiv hat den Bürgerverein Köln-Worringen e.V. angesprochen, sich des dem Verfall drohenden denkmalgeschützten Worringer Objektes anzunehmen.
* 1 Historisches Archiv der Stadt Köln: „Mitteilungen aus dem Stadtarchiv von Köln“, 75. Heft 1994
Auszüge aus den Protokollen des Gemeinderates für Worringen:
17. März 1910
„Der Gemeinderat beschließt betr. die Elektrizitätsversorgung der Gemeinde, den Vorschlag des Kreis [Köln] anzunehmen und die Elektrizität einzuführen.“
3. Mai 1910
„Der Gemeinderat berät den Vertrag mit dem Elektrizitätswerk „Berggeist“, Brühl, über die Lieferung von elektrischem Strom und ermächtigt den Bgm zum Vertragsabschluß.“
30. August 1910
„Der Gemeinderat berät wegen Hergabe von Gemeindegrundflächen zur Aufstellung von Transformatoren durch das Elektrizitätswerk „Berggeist“, Brühl, und den Elektrizitätsanschluß der Gemeindegrundstücke.“
29. November 1910
„Der Gemeinderat genehmigt den Kommissionsbeschluß vom 13. Oktober betr. die elektrische Straßenbeleuchtung.“
* 2 Das in Privatbesitz befindliche Grundstück erstreckt sich entlang der St.-Tönnis-Straße bis zu dem Weg, der hinter dem Bergerkreuz links abgeht und am Wasserturm entlang bis zur Bruchstraße führt.
Die gepachtete Teilfläche des Grundstücks ist als Freifläche mit einer „Versorgungsanlage Elektrizität“ ausgewiesen. Die RheinEnergie AG hat sich hinsichtlich ihrer Nutzung u.a. verpflichtet, auch die Gestaltung des Transformatorenhäuschens zu erhalten.
Manfred Schmidt, Mai 2014
Literaturquelle
Dagmar Hötzel: „Stadtspuren Denkmäler in Köln-Worringen und Roggendorf-Thenhoven, Siedlungsgeschichte bis 1914“, Köln 2002
Fotos Heimatarchiv Worringen