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Alt St. Pankratius

 

Die Kirche in Worringen wird erstmals im „Liber valoris“ (Grundbuch des Kölner Kirchengutes) von 1274 aufgeführt, einem Verzeichnis der zur Abgabe eines gesonderten Zehnten an den Kölner Erzbischof verpflichteten Kirchen. Da jüngere Kirchen des Dekanates Neuss in diesem Verzeichnis hintenanstehen, Worringen jedoch an fünfter Stelle steht, kann auf ein hohes Alter dieser Kirche geschlossen werden.                                                                   

 Im ausgehenden 13. Jahrhundert verweisen Quellen sowie eine Urkunde vom 15. Februar 1288 mit dem Siegel des Pfarrers Johannes von Worringen auf die Existenz der Worringer Kirche. Ihr Standort an der „Alten Neusser Landstraße“ geht aus der Schenkungsurkunde des Großhofes vom 27. März 1321 hervor, in der die Lage des Hofgutes unweit der Kirche bezeichnet wird.Die Geschichte von Alt St. Pankratius charakterisiert im 19. Jahrhundert ein gravierender Nutzungswandel. Zeitgleich mit dem Bau der neuen Pfarrkirche an der „St.-Tönnis-Straße“ (Einsegnung am 17. Januar 1838) wurde das Gotteshaus 1837 profaniert. Am 11. Mai 1848 gingen Kirche und Kirchhof im historischen Ortskern von Worringen in Gemeindebesitz über. Bei einem Brandschaden am 6. November 1859 war besonders die Turmspitze betroffen. 1861 erfolgte die Restaurierung von Kirchenturm, Eingangsportal und Kirchenmauer.

Der wuchtige Westturm (im Volksmund „D´R AHLE TOON“ genannt) aus Basalt- und Feldbrandsteinen mit seinen drei, durch profilierte Zwischengesimse getrennten Geschossenen ist das älteste erhaltene Baudenkmal in Worringen. Das Obergeschoss, ehemals auch Glockengeschoss, hat auf jeder Seite ein Biforienfenster. In die unteren Stockwerke sind unregelmäßige Sehschlitze in den Werkstein eingelassen. Das Untergeschoss mit Gratgewölbe und Wendeltreppe diente bis zur Eingemeindung Worringens nach Köln am 1. April 1922 als Spritzenhaus und Polizeigewahrsam. Vorübergehend Festgenommene verbrachten hier die Nacht auf einem Strohlager. 

1869 wurde das Kirchengebäude zur Schule mit drei Klassenräumen und 1886 zur Mädchenschule umgebaut, 1913 erfolgte eine Erweiterung.                

                                                             

Beim Umbau zur Schule stieß man auf Reste von alten unbehauenen Mauern im Erdreich. Diese stammen mit großer Wahrscheinlichkeit auch von der „Urkirche“ in Worringen. Das Historische Archiv der Stadt Köln bewahrt eine Urkunde vom 19. Mai 1484, welche über den Abbruch der Kirche und den Neubau an der „Alten Neusser Landstraße“ interessante Aufschlüsse vermittelt. Auf diesem Pergament wird bekundet, dass in der „Neusser Fehde“ (auch „Burgundischer Krieg“ genannt), als Herzog Karl der Kühne von Burgund im Jahre 1474 elf Monate vergeblich die Stadt Neuss belagerte, die Kirche durch Kölner Söldlinge abgebrochen worden sei. Diese wollten der bedrängten Stadt Neuss zu Hilfe kommen und zerstörten in der Absicht, den Burgundern keine rückwärtigen Stützpunkte zu überlassen, die Worringer Kirche. Man darf davon ausgehen, dass die Kirche samt Turm noch Ende des 15. Jahrhunderts wieder aufgebaut wurde. Es gibt aber keine Anhaltspunkte, warum der Innenraum nunmehr einer vierjochigen, gewölbten Saalkirche mit 3/8 Chor und abgetreppten Strebepfeilern weichen musste.                                                               

Nachdem das einstige Kirchengebäude nicht mehr für schulische Zwecke genutzt wurde, gelangte das Anwesen 1983 in Privatbesitz. Die Kirchen- und späteren Schulräume wurden in Wohnungen umgewandelt und haben jetzt die Adresse Alte Neusser Landstr. 268 - 270.

 

 

Manfred Schmidt, Oktober 2013