SiteLock Sichtbares und Verborgenes - Epoche des Nationalsozialismus von 1933 bis 1945 (Teil 5)

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Sichtbares und Verborgenes - Epoche des Nationalsozialismus

von 1933 bis 1945 (Teil 5)

Worringer Zeitzeugen berichten

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                         

Jugendorganisationen in der NS-Zeit,  HJ vom Sportplatz an die Front

Die HJ (Jugend- und Nachwuchsorganisation der NSDAP)  spielte als offiziell anerkannter Jugendverband in Deutschland eine große Rolle in der Indoktrinierung der Jugend. Im März 1922 wurde der “Jugendbund der NSDAP” in München gegründet. Nachdem die NSDAP aber in Folge des Hitlerputsches verboten wurde, löste sich auch die Jugendorganisation auf. 

Ab 1925 konkurrierten dann viele verschiedene kleinere Jugendorganisationen um die Anerkennung der wieder gegründeten NSDAP. In Sachsen schlossen sich einige Jugendverbände zusammen zur “Großdeutschen Jugendbewegung”, welche schließlich als Parteijugend angesehen wurde. Im Jahr 1926 wurde diese in HJ umbenannt. Sie war anfangs noch der SA unterstellt. Nach der Machtübernahme Hitlers 1933 orientierte die HJ sich jedoch näher an die SS. Gemäß Hitlers Übernahme des Kanzleramtes im Jahr 1933 und dem darauffolgenden Verbot für alle Parteien, außer der NSDAP, arbeitete die HJ unter der Führung des “Jugendführer des Deutschen Reiches” daraufhin als einzige Jugendorganisation im deutschen Reich zu etablieren. In den nächsten zwei Jahren bis 1935 konnte die HJ durch die Übernahme anderer Verbände, Einstellungen und Zwangsauflösungen von knapp 100.000 auf über 4.000.000 anwachsen.

                                                                   

Ab 1936 wurde die HJ zu einer zentralen Erziehungsinstitution neben Familie und Schule. Grund hierfür war das Gesetz über die HJ von1936, welches die Rolle der Hitlerjugend gesetzlich verankerte und Jugendarbeiten in anderen Institutionen unmöglich machten. Die HJ war nunmehr die einzige Institution, die Sportwettbewerbe für die Jugend austragen konnte, da die Jugendabteilungen der Sportvereine aufgelöst wurden. Sportveranstaltungen und Leibesertüchtigungen spielten eine wichtige Rolle in der Hitlerjugend bei der Abhärtung der Kinder und der Kriegsvorbereitung. Ab 1939 wurde die Jugenddienstpflicht eingeführt, sodass schon 10jährige Jugendliche zum Beitritt in die HJ verpflichtet wurden.  Aus diesem Grund waren zu ihrer Höchstzeit bis zu 8.700.000 Jugendliche in der HJ, das entspricht 98% der damaligen Jugendbevölkerung.

 

Worringer Zeitzeugen stellen sich ihrer NS-Familiengeschichte

Das öffentliche Bild von der HJ  als allmächtige Institution, der man sich als Jugendlicher nicht zu entziehen vermochte, ist bis heute geprägt von Propagandaaufnahmen der Nationalsozialisten und „Erfolgsmeldungen“ einer begeisterten „Staatsjugend“. So gleichförmig „ausgerichtet“, wie es diese Bilder glauben machen wollen, war die HJ jedoch nicht. Sie war vielmehr gekennzeichnet von den ganz unterschiedlichen Lebenswelten, in denen die Jugendlichen aufwuchsen. Die Erziehungsinstanzen von Familie, Schule, Sport und christlicher Kirche in Worringen hatten einen großen Einfluss. Mit ihnen stand die HJ in ständiger Konkurrenz bei dem Versuch, ihren Totalitätsanspruch in der Erziehung der Jugend durchzusetzen.
Ideologische Konkurrenz wurde jedoch ebenso wenig geduldet wie politische, d. h., auch christliche Organisationen wurden mit Repressalien auf Kurs gebracht. An Stelle der Loyalität gegenüber einer christlichen Eigenschaft sollte die Hingebung an den Führer und das Reich treten, denn speziell die Rassenpolitik, eine Kernideologie des Regimes, liess sich mit rechtgläubigen Werten wohl kaum vereinbaren.

Von 1933 an betrieben die Nationalsozialisten eine systematische und konsequente Ausstattung der Schulen. Der nationalsozialistische Zugriff auf die Schulen erfolgte unmittelbar von oben, systematisch und konsequent. Darin zeigte das Regime seinen totalitären Charakter. Die arische Abstammung der Schüler und Schülerinnen musste über zwei Generationen nachgewiesen werden. 1938 wurde die Schulpflicht auf acht Jahre reduziert. Danach hatte man allerdings zwei bis drei Jahre auf eine Berufsschule zu gehen.

                                                                      Abb. 4   Kopie 2    Abb. 6   Kopie 2

Kriminaloberrat Menzerath, der im Gebäude der Familie Steven in der St.-Tönnis-Straße seine Amtsstube hatte, begeisterte Worringer Schüler und Schülerinnen für die Musik mit „Trömmelcher und Flöte“ und verwirklichte die Vereinigung der „Wurringer Knöppelchesjunge“. Ehemalige Mitglieder berichten heute, dass es sich hierbei auch um eine Organisation des Deutschen Jungvolks, der HJ, gehandelt hatte. Ab 1939 wurde die Jugenddienstpflicht eingeführt, sodass schon 10jährige Jugendliche zum Beitritt in die HJ  verpflichtet wurden


Schriftstücke aus der Nazi-Zeit von Zeitzeugen belegen, wie behinderte junge Menschen, auch aus Worringen, durch ein „Euthanasie-Programm“ getötet wurden. Menschen, die überwiegend aus „mittellosen“ Verhältnissen kamen und die von der sozialhygienischen Herrschafts- und Klassenmedizin als „asozial“, „arbeitsuntauglich“ oder „schwachsinnig“ abgestempelt und dem Tode ausgeliefert wurden. Nach Aussage des Kölner NS-Dokumentationszentrums sind fast 2.000 Opfer der nazistischen „Euthanasie-Morde“ auf dem Westfriedhof  in Köln-Vogelsang/Bickendorf namenlos begraben worden.

                                                                                Abb. 7   Kopie 2  Abb. 8   Kopie 2  Abb. 10   Kopie 2

Zigeuner (Roma und Sinti) wurden als eine „artfremde und minderwertige Rasse“ eingestuft, ausgegrenzt, verfolgt und vernichtet. Über die Geschichte der größten nationalen Minderheit Europas ist leider wenig bekannt. Markus Reinhard, bekannter Violinist, wohnhaft im Worringer Fronhof, wird dem Heimatarchiv Worringen insofern die interfamiliären Folgen der NS-Verfolgung kurzfristig illustrieren und das derartige Geschichten nicht vergessen werden können. Mehr als die Hälfte der Kölner Familie Reinhardt überlebte die NS-Verfolgung nicht. Markus wuchs mit den Geschichten über Familienangehörige auf, die in Konzentrations- und Vernichtungslagern zu Tode gequält oder im Gas erstickt wurden.

                                                   

Der Worringer Widerstand gegen den Nationalsozialismus hielt sich in Grenzen. Zustimmung und Anpassungen gehörten zum Normalfall, da die Angst  sich gegen die Nationalsozialisten zu stellen und deren daraus möglichen Konsequenzen, wie Misshandlung und Tod, zu groß war und sie sich somit zurückzogen, um sich selber zu schützen. Aktiver Widerstand wurde dadurch nur von einer kleinen Minderheit geleistet, die den Mut dazu hatten gegen das NS-Regime zu handeln. Bis 1937 konnte das NS-Regime den aktiven Widersand unterdrücken und größten Teils auslöschen. Erst in der Endphase des 2. Weltkrieges fanden sich die „Widerstandskämpfer“ zusammen, die sich gemeinsam gegen den Nationalsozialismus auflehnten. Zivilcourage kam selten zum Einsatz, da sich die Bürger zu sehr fürchteten einen Widerspruch zu machen, jedoch blieb Zivilcourage meist ohne Folgen. Weiterhin gab es Mitbürger, die ihre Ablehnung des neuen Staatssystems deutlich und öffentlich zeigten, ohne wirklich Widerstand zu leisten und somit ihre persönlichen Konsequenzen in Kauf nahmen. Trotz dieser Konsequenzen gelang es dem NS-Regime nicht, jedes oppositionelle Verhalten zu unterdrücken.

Quellenangaben
NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln EL-DE-HAUS
 Widerstand und Opposition gegen die NSDAP in Köln, Sophie Reuter, Norbert-Gymnasium Knechtsteden 2016/2017

Abbildungsnachweise
Heimatarchiv Worringen/ aus privater Sammlung

Bericht: Manfred Schmidt

heimatarchiv-worringen.de/Oktober 2024

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