Kopf HW 2   Kopie 2

 

St.-Pankratius-Kirche

 

Im Jahr 2013 wird die Worringer Kirche an der St.-Tönnis-Straße (dem römischen Märtyrer Pankratius geweiht) 175 Jahre alt.                                                   

Um 1800 hatte der Ort Worringen rund 400 Einwohner. Die Religion der Bewohner war ausnahmslos katholisch. Schon um die Wende des 18. zum 19. Jahrhundert war die Pfarrkirche St. Pankratius an der Alten Neusser Landstraße baufällig, daneben für die wachsende Bevölkerung der Pfarrgemeinde zu klein geworden.

Beiläufig sei erwähnt, dass 1815 die Rheinprovinz und damit Worringen nach ca. 20jähriger Besatzung durch französische Revolutionstruppen auf dem Wiener Kongress dem preußischen Staatsgebiet zugeordnet worden war. Preußen bestand künftig aus einem konservativen protestantischen „Alt-Preußen“ und einem vorwiegend katholischen Landesteil im Westen - auf der einen Seite ein autoritärer Obrigkeitsstaat, auf der anderen Seite eine Gesellschaft, die durch die französische Besatzungszeit „in die Moderne katapultiert“ worden war und auf Rechtsgleichheit und Verfassungsstaatlichkeit beharrte. Die nächsten Jahrzehnte entwickelten sich infolgedessen zu einem Zeitalter voller Widersprüchlichkeiten und Ungleichheiten, politischer Krisen und religiöser Spannungen, Revolutionen und Verfassungskonflikte.                                                   

In Worringen entstand 1828 erstmals der Gedanke, der Bedürftigkeit durch einen Kirchenneubau abzuhelfen. Der Ort hatte bis dahin ca. 2.000 Einwohner, davon waren 1.700 ständige Kirchenbesucher. Bei dieser hohen Anzahl musste ein großer Teil vor der Kirchentür dem Gottesdienst beiwohnen. Erst eine Schenkung ließ die Verwirklichung des Neubaugedankens realisieren. Anna Gertrud Cremerius, Tochter des Franz Adam Cremerius (Bürgermeister von 1797 bis 1835) und der Mar. Helene Breuer, Besitzer des Bergerhofes und Pilgramshofes, stiftete zu jener Zeit der Pfarrgemeinde den Grund und Boden zum Bau einer neuen Kirche an der St.-Tönnis-Straße, zugleich einen Geldbetrag von 4.000 Talern, je zur Hälfte für den Bau einer Kirche und eines Kirchturms.

Baupläne und der Kostenvoranschlag in Höhe von ca. 12.000 Talern wurden von „Bauconducteur und Communal-Baumeister im Landkreis Cöln“ Peter Joseph Schopen angefertigt. Nach fortwährenden schwierigen Verhandlungen (sogar mit Brandanschlägen war damals gedroht worden) wurde am 8. August 1835, dem 66. Geburtstag des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III. (am 21. März 1867 wurde in Deutz auf der ersten Kölner Eisenbahnbrücke eine Statue des preußischen Königs und späteren deutschen Kaisers Wilhelm I. errichtet), schließlich die feierliche Grundsteinlegung begangen. Ursprünglich war die Kirche als sogenannte Saalkirche mit flacher Holzdecke errichtet worden. Im Innern können wir noch heute Spuren davon erkennen. Rundbogenfries und Deckenbalken (mit Auskehlungen an den unteren Kanten) sowie auch teilweise die aufliegenden Bretter und Fugenbretter in Längsrichtung sind über den Gewölben weitgehend erhalten. In der 2 Hälfte des 19. Jahrhunderts hatte man derartige Bauten als „Scheunenkirchen“ empfunden. Damals waren nur Apsis und Chorraum gewölbt, freilich nicht massiv, sondern mit Bohlengewölben, also einem Holzgerüst, das mit Strohmatten bekleidet war und durch seine Stuckarbeiten wie ein steinernes Gewölbe aussah. 1863 bis 1866 wurde die Saalkirche in eine dreischiffige Hallenkirche (Grundfläche rund 40 m zu 16 m, Höhe etwa 13 m) umgebaut, in dem 2 Reihen mit je 5 Säulen eingestellt und darüber Kreuzgratgewölbe eingezogen wurden.

1848 (Grundsteinlegung am 17. April) erfolgte unter Pastor Peter Joseph Elkemann die Errichtung des Vierkantturms mit Knickhelm vor der Westwand. Entgegen der ursprünglichen Planung, die einen frei stehenden Turm vorsah, wurde dieser am Kirchenschiff aus statischen Gründen angebaut. Wegen des engen Bauplatzes, aber sowohl auch aus Kostenersparnisgründen, fiel der vorgesehene Verbindungstrakt zwischen Schiff und Turm fort. Aus diesem Grunde entstanden 1882 bis 1885 Portalvorbauten. Der Turm misst 30 m, wozu noch der verschieferte Knickhelm mit 13 m hinzukommt.

Die bauliche Gestalt der Kirche war somit abgeschlossen und hatte äußerlich nur den Anbau einer neuen Sakristei erfahren (1959 bis 1961).                                                     

 Die Vollendung des Kirchenbaues fand zwar Ende des Jahres 1837 statt, jedoch die Verhaftung und Abführung des Kölner Erzbischofs Clemens August Freiherr von Droste zu Vischering auf die Festung Minden und der wachsenden Erregung in der katholischen Öffentlichkeit, war an eine feierliche Konsekration nicht zu denken. Der Grund: Erzbischof Droste zu Vischering wollte die Kinder aus Mischehen im Rheinland grundsätzlich römisch-katholisch taufen, was der preußischen Regierung missfiel, weil er weder bereit war, die „quasi vereinbarte geheime Konvention“ einzuhalten, noch von seinem Amt zurückzutreten. Der Kölner Generalvikar ordnete daher zwangläufig eine einfache Segnung an. Dies geschah dann am 17. Januar 1838, dem Festtag des heiligen Antonius, von den Worringern liebevoll „Firkes-Tünn“ genannt, durch den Landdechanten des Dekanates Lövenich, Pfarrer Sieben aus Stommeln. Die neue Kirche wurde erst 1866 von Weihbischof Dr. J.A. Friedrich Baudri konsekriert.

 

Manfred Schmidt, November 2012

Literaturquellen
Carl Dietmar: „Die Chronik Kölns“, Dortmund 1991

Gerhard Dane: „Kirche im Dorf“, Köln 1987

Abbildungen Heimatarchiv Worringen