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Kanalisation in Worringen

 

 Im Jahre 1764 wurde die Landstraße in Worringen - Teilstrecke der von Köln nach „Nijmegen“ über Neuss führenden Straße - ausgebaut. Auf Anordnung der Vogtei des Kölner Domkapitels erließ der Bürgermeister Bollig am 19. Oktober 1764 eine Verfügung über die Straßenreinigung, dass „das Pflaster rein und sauber zu halten und der aufgestellte Mist wegzuschaffen sei sowie wöchentlich wenigstens einmal die Straße vor jeder Tür gekehrt werden müsse“.

 Anmerkung:

 Die Basaltpflasterung der Straße „Hackhauser Weg“ (als Folge der Eingemeindung Worringens nach Köln am 1. April 1922 ist die ehemalige Friedhofstraße umbenannt worden) erfolgte 1897 bis zum Friedhof. Im Jahre 1911 wurde die Bergerstraße (jetzige St.-Tönnis-Straße) bis zur Bahnführung gepflastert, die Straße „In der Lohn“ bereits 1910.

Um 1850 waren die Straßenverhältnisse in Worringen keineswegs ein Blickfang für den Ort. Es gab außer der Landstraße keine gepflasterte Straße im Dorf. Bei trockenem Wetter wirbelten Pferdehufe und Bauernkarren Staub von den nicht oder kaum befestigten Straßen. Kühe, Schafe und Ziegen wurden durch den Ort getrieben und hinterließen Kot und Schmutz. Regenwasser und Hausabwässer, die arglos auf die Straße gekippt wurden, konnten nicht abfließen, da es keine Rinnen oder gemauerte Gossen gab. Nach Regenfällen waren die Dorfstraßen fast unpassierbar. Sie verwandelten sich augenblicklich in Schlammwüsten mit Tümpeln aus fauligem, stinkendem Abwasser voll Ungeziefer und Bakterien.

 Erst unter Bürgermeister Johann Mathias Norbert Bender (1866 - 1906) wurden die unerfreulichen Umstände beseitigt. In seinen „pro memoria“ liest man, dass bei seinem Amtsantritt alle Straßen in Worringen sehr schlecht und ohne Abläufe waren. Nur die Landstraße (Bezeichnung in der Lokalisierung: 1757 „Landstraß langs des Rheins“, 1807 „Route des Neuss“, 1819 Clevische Straße, 1874 Cöln-Neußer-Provinzialstraße, 1888 Köln-Neusser Straße und ab 1922 Neußer [Neusser] Landstraße) befand sich in einem guten Zustand. Sämtliche Abwässer sammelten sich in der Mitte des Ortes in einem Graben, der bis zur Ecke St.-Tönnis-Straße und Hackenbroicher Straße führte. Von dort wurde das Abwasser in den noch bestehenden Festungsgraben entlang der Hackenbroicher Straße dem Mühlenweiher zugeführt. Im Jahr 1868 wurde dieser Sammelgraben kanalisiert und der Festungsgraben von der St.-Tönnis-Straße bis zum Mühlenweiher zugeschüttet. Von nun an flossen alle Abwässer „nur“ noch durch den Wallgraben im „Schmaler Wall“ und weiter in den Pletschbach. Im Jahr 1909 wurde dieser letzte offene Graben eingeebnet. Bis Mitte der 1960er Jahre hatte außerdem ein Graben bestanden, der durch die „Hütte“, der jetzigen Pankratiusstraße, um den Mühlenberg in den Mühlenweiher floss. Nachdem dieser Graben beseitigt und die „Hütte“ mit Abläufen versehen war, leitete man die dortigen Abwässer ebenfalls in das kanalisierte Teilstück im Ortskern.

Diese bescheidenen hygienischen Einrichtungen waren bitter notwendig geworden, denn erst im Sommer 1866 hatte eine schreckliche Cholera-Epidemie in Worringen gewütet und zahlreiche Opfer gefordert. Zu dieser Zeit gab es im Ort noch kein Krankenhaus. Das St.-Elisabeth-Krankenhaus wurde erst zum 1. Januar 1890 in Betrieb genommen.

Die Straßen und Straßenrinnen wurden zwecks Entseuchung mit Kalk und Chlorkalk bestreut. Der Verlauf der Cholera, die fast immer zum Tode führte, ging so schnell, dass, wenn ein Krankheitsfall bekannt wurde, der Schreiner sofort den Sarg anfertigte und vor das betreffende Wohnhaus stellte. Dann machte er sich schleunigst davon aus Furcht der drohenden Ansteckung. Einsargen und Beerdigen führten damals der Totengräber auf dem Worringer Friedhof am Hackhauser Weg, Peter Tappen, genannt „Klapper Pitter“, und der Pfarrer Peter Joseph Elkemann allein durch, da sich niemand an die Cholera-Leichen heranwagte.

 

Manfred Schmidt, November 2011
Literaturquellen
Historisches Archiv der Stadt Köln: „Mitteilungen aus dem Stadtarchiv von Köln (75. Heft)“ - Bürgermeisterei Worringen, Akten und Protokolle, Köln 1994
Dagmar Hötzel: „Stadtspuren Denkmäler in Köln-Worringen und Roggendorf-Thenhoven, Siedlungsgeschichte bis 1914“, Köln 2002
Toni Jägers: „Köln-Worringen in Geschichte und Geschichten“, Köln 1985